Woher stammt der Adventskalender?

Das tägliche Öffnen der Kalendertürchen ist ein beliebter Brauch bei Alt und Jung.
Dabei entstand der Adventskalender erst am Anfang des 20. Jahrhunderts. Die eigentlichen Ursprünge lassen sich jedoch bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen:

Ursprünglich eine protestantische Tradition 
Die ersten Formen kommen aus dem protestantischen Umfeld. So wurden in religiösen Familien im Dezember 24 Bilder nach und nach an die Wand gehängt. Oder man stellte Leitern aus Holz oder Pappe auf – darauf konnte das "Christkind" jeden Tag eine Sprosse vom Himmel herabsteigen! Im Alpenraum war es Brauch, den Kindern ein Kerbholz zu geben – Klausenholz genannt – in das sie für ihre Gebete und guten Taten jeden Tag eine Kerbe schnitten, um so an Heiligabend ihr "Bravsein" sichtbar beweisen zu können. Oder die Kinder legten Strohhalme in eine Krippe, 1 Halm für jeden Tag, bis zum Heiligen Abend, damit das Christkind weich liegt. Eltern hatten sich diese "Kalender" ausgedacht, um den Kindern die weihnachtlichen Ereignisse zu veranschaulichen und die vierwöchige Wartezeit bis zu den Festtagen zu verkürzen. Nicht selten benutzten die Erwachsenen dies vorweihnachtlichen „Zeitmesser“ auch als pädagogisches Instrument: Die Kleinen sollten brav sein und sich in Geduld üben lernen.

Sehr vieles, was damals verwendet wurde, hat mit dem heutigen Adventskalender wenig zu tun. Weit verbreitet war es damals vornehmlich bei ärmeren Familien, 24 Kreidestriche an einer Tür aufzumalen, von denen die Kinder jeden Tag einen wegwischen duften. Die Striche für die Adventssonntage hatten eine andere Farbe als die der Werktage. Danach gab es Kränze mit 24 Kerzen, von denen jeden Tag eine angezündet wurde. Wahrscheinlich um einen Brauch aus Skandinavien handelt es sich bei der Adventskerze, von der man jeden Tag im Dezember das vorgesehene Stück abbrannte. Je kleiner die Kerze, desto näher war das ersehnte Weihnachtsfest. Manche Mütter haben damals 24 Plätzchen gebacken, die sie auf einem Pappkarton befestigten. Jeden Tag konnte das Kind davon ein Konfekt naschen.

Erfindung des gedruckten Adventskalenders
Die Volkskundlerin Esther Gajek bezeichnet Gerhard Lang (1881-1974) als Erfinder des Adventskalenders. Das erste gedruckte Exemplar verdankt seine Existenz den Kindheitserlebnissen des schwäbischen Pfarrersohnes aus Maulbronn. Seine Mutter zeichnete 24 Kästchen auf einen Karton – auf jedes war ein "Wibele" genäht. Wibele ist eine schwäbische Biskuit-Spezialität, die 1763 ein Bäcker namens Wibele kreierte.

Als Teilhaber der Druckerei Reichhold & Lang verzichtete Gerhard Lang auf die Gebäckstücke und verwendete stattdessen farbenprächtige Zeichnungen, die ausgeschnitten und auf einen Pappkarton geklebt werden konnten. 1908 verließ dieser erste, wenn auch noch fensterlose Adventskalender die Druckpresse. Damals sprach man noch vom "Weihnachtskalender". Mit der Zeit vergrößerte sich das Angebot. Es erschienen Ausgaben mit Bildern "Zum Ausschneiden und Aufkleben", "Abreißkalender mit Albumblättern", "Uhren zum Drehen" sowie Kartons "Mit Figuren zum Aufstecken und zum Ziehen". Bei letzterem konnten die Kinder an jedem Tag eine Figur aus einem Schlitz hervorziehen. Die Produktion dieses Typs musste jedoch bald wieder eingestellt werden, weil sie viel zu viel kostete. Adventskalender mit Fenster und Türen zum öffnen (erschienen erstmals 1920) nahmen im Gegensatz zu heute einen nur geringen Platz ein. Ende der 30er Jahre musste Gerhard Lang seinen Betrieb aufgeben, bis zu diesem Zeitpunkt hatte er etwa 30 verschiedene Motive herausgegeben.

Einbruch im 2. Weltkrieg
Der 2. Weltkrieg setzte dem Höhenflug des Adventskalenders ein jähes Ende. Die strenge Kontingentierung des Papiers sowie das Verbot, Bildkalender zu drucken, machten deren Produktion nahezu unmöglich. Eine Ausnahme bildete ein den Nationalsozialisten gehörender Verlag. Dieser brachte heftartige Kalender auf den Markt, die mit den christlich motivierten Vorgängern nur mehr wenig gemein hatten. Der lateinische Name Advent wurde durch den deutschen Begriff „Vorweihnachten“ ersetzt. Texte und Bilder dienten zur Vermittlung der nationalsozialistischen Ideologie. Anstelle der christlichen Elemente traten germanische und völkische. Als Malthemen sind in den „Vorweihnachten-Kalendern“ Kriegsbilder vorgesehen. Da konnten Kinder sich ausmalen, wie die Wehrmacht mühelos alle Feinde besiegt, sowjetische Panzer in Flammen aufgehen usw. Den Kindern wurde eingebläut, nur die Soldaten an der Front machten es den Müttern möglich, daheim mit ihnen Weihnachten zu feiern.

Erfolg in der Nachkriegszeit
Erst in der Nachkriegszeit konnte der Adventskalender wieder an seinen Erfolg anknüpfen. 1946 gründete Richard Sellmer einen Verlag und brachte den ersten Adventskalender nach dem 2. Weltkrieg heraus. Bis heute verschickt diese Firma ihre Exemplare in die ganze Welt. Die Bildmotive mögen der Mode unterworfen sein und den religiösen Bezug zum Teil verloren haben, aber für Kinder und sogar manchen Erwachsenen ist das Öffnen eines Türchens oder Fensterchens am Adventskalender im Dezember auch heute noch ein ganz besonderes Ritual. Wie der Christbaum zu Heiligabend, gehört der Adventskalender zu einer schönen Tradition.

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