Die wichtigsten (und merkwürdigsten) Gedenktage des Jahres

Das Jahr wird nicht nur durch die Jahreszeiten strukturiert, sondern auch durch eine Vielzahl von Feiertagen religiöser und nationaler Natur. Daneben existiert aber auch noch eine Unzahl weiterer Gedenktage und Aktionstage, die alljährlich an bedeutende historische, weltliche und religiöse Ereignisse erinnern oder über wichtige gesellschaftspolitische oder medizinische Problemlagen informieren. Nahezu kein Tag des Kalenderjahres bleibt von der Gedenk- und Aktionswut seriöser gemeinnütziger Verbände oder kommerziell orientierter Lobbyorganisationen unbehelligt.

So gibt es zum Beispiel
den Europäischen Datenschutztag (28. Januar),
den Welttag der Feuchtgebiete (2. Februar),
den Welttag des Fremdenführers (21. Februar),
den Thinking Day der Pfadfinder (22. Februar),
den Weltnierentag (2. Donnerstag im März),
den Internationalen Aktionstag gegen Staudämme (14. März),
den Tag der Rückengesundheit (15. März),
den Weltamateurfunktag (18. April),
den Welt-Schildkröten-Tag (23. Mai),
den Internationalen Katzentag (8. August),
den Weltvegantag (1. November) und
den Welttag der Zeitschriften (26. November)
etc. etc.

Abgesehen davon, dass manche Gedenktage durchaus wichtig und angebracht sind, wirken andere mitunter doch sehr merkwürdig und skurril. Wieder andere, vor allem solche die den Gedanken des Gedenktages parodieren, entbehren nicht eines gewissen Witzes.


Januar - der Berchtoldstag
Dass das Jahr mit einem Feiertag, dem Neujahrstag, beginnt ist in Anbetracht der oft sehr feuchtfröhlichen Silvesterfeierlichkeiten mehr als sinnvoll. Andererseits kann es auch ein wenig befremdlich anmuten, dass gleich am ersten Tag des Jahres viele, wie man so schön sagt, ?in Sauer liegen? und ihn weitgehend verschlafen und verdösen. Die Schweizer gehen da sogar noch einen Schritt weiter und auch am nächsten Tag noch nicht zur Arbeit. Denn am 2. Januar begehen die Eidgenossen den Berchtoldstag. Der Tag hat nichts mit einem heiligen Berchtold zu tun, den es im Heiligenkalender gar nicht gibt. Aber auch der vielbehauptete heidnische Ursprung im Zusammenhang mit einer Göttin Berchta oder Perchta, angeblich der Frau Wotans, die in der Zeit der Rauhnächte ihr Unwesen treibt und mit wilden Bräuchen gebannt wird, kann nicht schlüssig nachgewiesen werden. Nüchtern betrachtet handelt es sich beim schweizerischen Berchtoldstag also eher um einen arbeitsfreien Nachfeiertag zum Neujahrstag. Aber nüchtern bleibt man an diesem Tag auch nicht unbedingt, denn zum Beispiel im Zürcher Unterland versammelt sich am Bächtelisnachmittag und -abend die Bevölkerung, um zu bächteln, wobei lokale Musik-, Comedy- und andere Unterhaltungsgruppen von Kneipe zu Kneipe ziehen, um die Gäste zu unterhalten.


Februar: Der Groundhog Day
Durch die Kinokomödie ... und täglich grüßt das Murmeltier (1993) mit Bill Murray und Andie MacDowell wurde der Groundhog Day weltbekannt. Der Groundhog Day ist ein kulturelles Ereignis, das an mehreren Orten in den USA und Kanada gefeiert wird. Am 2. Februar jedes Jahres, dem Candlemass Day (Lichtmess), wird traditionell eine Vorhersage über das Fortdauern des Winters getroffen. Dazu werden öffentlich und teilweise im Rahmen von Volksfesten Waldmurmeltiere (engl. groundhog) zum ersten Mal im Jahr aus ihrem Bau gelockt. Wenn das Tier "seinen Schatten sieht", das heißt wenn klares, helles Wetter herrscht, soll der Winter noch weitere sechs Wochen dauern. Hochburg des Murmeltierspektakels ist ein Ort in Pennsylvania mit schwer auszusprechendem Namen: Punxsutawney.


März: Der TT-Tag
Am Geburtstag Albert Einsteins wird auf Initiative des US-Amerikaners Larry Shaw alljährlich einer Zahl gehuldigt, nämlich der Zahl Pi, die das Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Durchmesser beschreibt. Der 14. März ist für den Pi-Tag deshalb das ideale Datum, weil es in der amerikanischen Schreibweise 3/14 die Zahl mitsamt ihren ersten beiden Nachkommastellen widerspiegelt. Besonders genaue Anhänger dieses Tags feiern um 1 Uhr 59 und 26 Sekunden und erreichen damit die siebte Nachkommastelle der Kreiszahl, nämlich: 3,1415926. Auch für die Art und Weise, wie dieses mathematische Jubelfest gestaltet werden soll, gibt es eine ausgefuchste Begründung. Denn sofern Pi in der englischen Sprache genauso klingt wie Pie, werden Kuchen verspeist, die natürlich kreisrund sein müssen. Der 21. März eignet sich übrigens bestens dazu, den dringend anstehenden Frühjahrsputz in Angriff zu nehmen, denn dann steht uns der Welttag der Hauswirtschaft ins Haus.


April: Der Tag des Deutschen Bieres
Am 23. April, dem Tag des Deutschen Bieres, wird seit 1994 der Erlass des bayerischen Reinheitsgebots im Jahr 1516 gefeiert. Uneigennützige Initiatoren dieses Feiertages, auf den eher selten mit Sekt angestoßen wird, waren die deutschen Bierbrauer. Mit der deutschen Vergangenheit hat es zu tun, dass diejenigen, die sich am 20. April feierlich geben, vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.


Mai: Der Weltlachtag
Frohsinn ist am 1. Sonntag des Wonnemonats Mai nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich anempfohlen. Mit anderen Worten: Es darf nicht nur, es muss gewissermaßen sogar gelacht werden. Denn dann, hahaha, ist Weltlachtag. Madan Kataria, Gründer der Yoga-Lachbewegung, rief diesen Tag 1998 ins Leben. Seitdem treffen sich an diesem Datum die in über 6000 Lachclubs organisierten Anhänger des Lachgurus überall auf der Welt, um Punkt 14:00 Uhr deutscher Zeit (12:00 GMT) grundlos in großes Gelächter auszubrechen. Das ist sicher total lustig. Humorlosen Menschen, die das lächerlich finden, sei gesagt: Da lacht man nicht drüber!

Eher unernsten Charakters ist auch der Towel Day (Tag des Handtuchs) am 25. Mai. Er erinnert an den 2001 verstorbenen britischen Autor Douglas Adams und dessen Weltbestseller Per Anhalter durch die Galaxis. Eingefleischte Fans dieses Kultbuches laufen am Towel Day den ganzen Tag über mit einem Handtuch herum, da ein Handtuch im Roman als das Nützlichste beschrieben wird, was man auf einer Weltraumreise mit sich führen kann. Die wichtigste Verhaltensregel besteht darin, Nachfragen zum Handtuch nicht zu beantworten und dafür das Anhalter-Buch zu empfehlen.


Juni: Der Bloomsday und Feiertage, die niemand braucht ...
Der We Love Kim Il-sung-Feiertag am 15. Juni findet außerhalb Nordkoreas eher wenig Resonanz. Und selbst in Pjöngjang wirkt die dringend empfohlene Bombenstimung doch etwas gezwungen. Der Bloomsday am 16. Juni stellt weltweit den einzigen im Kalender verzeichneten Feiertag dar, der einem Roman gewidmet ist, nämlich Ulysses, dem dickleibigen Hauptwerk des irischen Dichters James Joyce. Ulysses spielt in Dublin und beschreibt die Ereignisse eines einzigen Tages, des 16. Juni 1904. Treue Anhänger des Romans suchen am Bloomsday die realen Orte des fiktiven Geschehens auf, an denen dessen Hauptpersonen - der Anzeigenakquisiteur Leopold Bloom und seine Frau Molly, der junge Lehrer und Schriftsteller Stephen Dedalus und andere Romanfiguren - bestimmte Dinge tun oder erleben. Dazu gehört zum Beispiel, ein Bad am Forty Foot zu nehmen, ein Gorgonzolabrot zu essen und Zitronenseife zu kaufen. Der Bloomsday zählt mittlerweile zu den größten Touristenattraktionen der irischen Hauptstadt.


Juli: Der Gedanktag für den Mann, den wir manchmal lieben, aber meistens hassen!
Jeder, der jemals einen ganzen Tag lang vor dem PC saß und nichts außer ERROR zu sehen bekam, wird den System Administrator Appreciation Day (Tag des Systemadministrators) nicht für einen Irrtum eines verwirrten Geistes halten, sondern am letzten Freitag des Juli seinen zumeist lautlos im Hintergrund wirkenden Kollegen auf Rosen betten und mit Fresskörben beschenken. An der Berechtigung dieses Gedenktages ändert auch die Tatsache nichts, dass er von Ted Kekatos, einem amerikanischen Systemadministrator, erfunden wurde.


August: Stillllgestaaaanden!
Militärisch pragmatisch geht es am 5. August zu, wenn gewissermaßen in einem Abwasch der Tag der Rekruten aller Heere der Welt zackig durchexerziert wird. Extrawürste wie eine Differenzierung zwischen Heeren demokratischer und diktatorischer Regime gibt?s nicht, denn schließlich macht die Uniform alle gleich. Falls an diesem Tag nicht Schlammrobben oder Latrinenschrubben auf dem Programm steht, sondern tatsächlich gefeiert wird, dann bestimmt nach einem straffen Ablaufplan: Antreten! Rühren! Gründlich amüsieren! Und um halb zehn geht das Licht aus!


September: Leckere Gedenktage

Die Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) erklärte 1999 den letzten Freitag im September zum Tag des deutschen Butterbrotes, um der grassierenden Überfremdung durch undeutsche Mogelschnittchen, Burger, Baquette, Döner und andere Imbissimmigranten patriotisch entgegenzutreten. Dass das im Aussterben begriffene urdeutsche Kulturgut von der UNESCO demnächst auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt wird, ist allerdings ein Gerücht. Die Frage des Getränks ist zudem bereits geklärt, denn der Ehrentag der Stulle ist praktischer Weise zugleich auch Tag des Kaffees, ein Umstand, der überraschender Weise dem Deutschen Kaffeeverband e.V. zu verdanken ist. In keinem Zusammenhang mit diesem doppelten Lebensmittelgedenktag steht übrigens der bereits am 6. September gefeierte Abfraßtag. Dieser heißt nämlich auch Magnus-Tag, da er dem heiligen Magnus von Füssen gewidmet ist. Magnus wird vor allem im Allgäu von frommen Katholiken angerufen, um dem durch Ungeziefer verursachten Abfraß auf Feldern und Gemüsebeeten ganz ohne Chemie effektiv entgegenzutreten. Möglichst nicht vergessen werden sollte übrigens auch der Weltalzheimertag am 21. September.


Oktober: Comin' out!

Falls man seine Umwelt endlich über die eigene Homosexualität in Kenntnis setzen möchte, sollte man dazu den Coming-Out-Day am 11. Oktober nutzen. Die Tradition des Coming-Out-Days geht auf den zweiten nationalen March on Washington for Lesbian and Gay Rights zurück, auf dem am 11. Oktober 1987 ca. 500.000 Menschen in der US-amerikanischen Hauptstadt für die Gleichberechtigung von Homosexuellen demonstrierten. Bereits am ersten Coming-Out-Day, der im Jahre 1988 stattfand, haben Tausende von schwulen und lesbischen AmerikanerInnen ihre Namen in Zeitungen veröffentlichen lassen. Damit sich Heterosexuelle nicht diskriminiert fühlen, dürfen sie an diesem Tag gerne mit anderen lange gehüteten Geheimnissen herauszurücken. Nur Mut!


November: Der müssen-Gedenktag

Darüber, wie und wo der Welttoilettentag am 19. November zu würdigen ist, streiten sich die Geister. Manche meinen, man sollte ihn in Anlehnung an das gefeierte Örtchen in aller Stille begehen. Andere wiederum empfehlen, viel zu trinken und ballaststoffreiche Kost zu sich zu nehmen. All diesen Spaßvögeln sei aber mitgeteilt, das der Welttoilettentag durchaus einen ernsten Hintergrund hat. Er soll nämlich darauf aufmerksam machen, dass mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung keine ausreichend hygienischen Sanitäranlagen zur Verfügung stehen. Kaum ein Aktionstag ist von der Realität so gründlich ad absurdum geführt worden wie der am letzten Samstag des Novembers stattfindende Kauf-Nix-Tag, an dem laut verschiedener kapitalismuskritischer Verbände weitgehender Konsumverzicht geübt werden soll. Denn in den USA fällt der Buy Nothing Day auf den unmittelbar auf das Erntedankfest Thanksgiving folgenden letzten Freitag des Monats, den - nach wie vor - umsatzstärksten Tag des Jahres. Eine Drosselung der Kauflust im anlaufenden Weihnachtsgeschäft ist überdies auch hierzulande nicht festzustellen, zumal die Ankurbelung der Binnenkonjunktur spätestens seit der Finanzkrise von der Politik zur ersten Bürgerpflicht erklärt wurde.


Dezember: Gott sei Dank ist Weihnachten ...
Für alle, die die Kunstsprache Esperanto beherrschen, wäre am 15. Dezember eigentlich Partystimmung angesagt. Da sich die Zahl der Esperantokundigen jedoch in sehr engen Grenzen hält sind am Esperantobuchtag keine ausschweifenden Massenveranstaltungen zu erwarten. Wahrscheinlich nehmen die wenigen Esperanto-Freunde den Namen ihres Feiertages expressis verbis und vertiefen sich, vielleicht bei einem Espresso, in einen expressiven Esperanto-Roman. Aber dann kommt ja auch schon Weihnachten ...

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