Auf Hochdeutsch heißt die närrische Zeit Fastnacht, Karneval oder Fasching, abgesehen von den vielen regionalen Bezeichnungen. Alle Begriffe beziehen sich auf die Fastenzeit ab Aschermittwoch. So war die „Fastnacht“ ursprünglich der Abend vor dem Fastenbeginn. Im Laufe der Zeit dehnte sich das Feiern auf mehrere Tage als nur den einen vor Aschermittwoch aus.
Was haben zwei so gegensätzliche Ereignisse miteinander zu tun – das eine steht für Laster, das andere für Enthaltsamkeit? Der Ursprung des Karnevals ist vermutlich in der Antike zu finden: Zwischen der Wintersonnenwende und der Tag-und-Nacht-Gleiche feierten die Menschen im Mittelmeerraum heidnische Feste und Kultrituale zu Ehren der Götter, um den Winter zu vertreiben und die fruchtbaren Tage des Frühlings zu begrüßen. Möglicherweise versuchte die Kirche mit der Einführung des Christentums, diese Bräuche aufzufangen und mit kirchlichen Festtagen zu überlagern. Fest steht, dass Fasching und Fasten trotz ihrer Gegensätzlichkeit von der Kirche toleriert wurden. Manche, die sich mit dem Thema beschäftigen, sind überzeugt, beides sei eine Erfindung der Kirche.
Kirchenvertreter konnten ihre Gläubigen lenken, solange Fasching eine christliche Tradition war. Die Feste vor dem Fasten symbolisierten sündiges Verhalten und das Abwenden von Gott. Aber: Die Fastenzeit konnte das wiedergutmachen. Päpste im Mittelalter weiteten die Festlichkeiten immer mehr aus. Um 1700 erlaubten sie schließlich sogar den Frauen, maskiert am Karneval teilzunehmen. So konnte die Kirche an Aschermittwoch ein striktes Einhalten der Fastenzeit einfordern. Fasten und Fasching standen also für zwei unvereinbare Lebenswelten: den teuflisch gesinnten Weltstaat und den Gottesstaat.
Mit diesem Denkmodell war es möglich, dass Fasching über die vergangenen Jahrhunderte zur festen Größe wurde. Nur durch die Reformation im 16. Jahrhundert gab es einen Dämpfer: Die Protestanten schufen für sich die Fastenzeit mitsamt Karneval ab. Deshalb sind Karnevalshochburgen eher katholische Städte und Gemeinden.
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