Die „Bilderbäcker“ waren im Spätmittelalter bekannt für ihre Skulpturen und Reliefe. „Backen“ bedeutete in der damaligen Zeit so viel wie festigen in einem Ofen. „Neben Brot wurden damals deshalb auch Keramiken gebacken“, berichtet Dr. Gerald Volker Grimm, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Kunsthistorik der Universität Bonn. „Die Bilderbäcker formten vorhandene Skulpturen sowie Reliefe ab und entwickelten sie weiter“, sagt der Kunsthistoriker.
Besonders bekannt sind die Wormser Bilderbäcker, deren Reliefe und Skulpturen als Vorlagen weite Verbreitung fanden. Sie stellten sogenannte „Modeln“ (Hohlformen) her, in die der Ton wie bei einer Backform gedrückt und anschließend gebrannt wurde. „Im Rheinland und in den Niederlanden war vor allem in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Qualität der Bilddrucke aus Pfeifenton oft erstaunlich hoch“, sagt Dr. Grimm.
Beim Pfeifenton handelt es sich um einen fein geschlämmten, fast weißen Ton. Später wurde er zur Herstellung von Tabakpfeifen verwendet, woher sein Name rührt. Im 15. Jahrhundert wurden daraus auch Heiligen-Reliefe für Altäre produziert. Zahlreiche Scherben solcher Heiligenbilder fanden Archäologen im Mai und Juni 2011 bei Ausgrabungen in der Nähe des Aachener Doms.
Dr. Grimm analysierte an den Reliefen aus Aachen die Schriftzüge. Beim Vermessen der Winkel an den einzelnen Buchstaben zeigte sich, dass die Lettern der jeweiligen Bilder identisch sind. „In jedem der Reliefe gleicht zum Beispiel ein a exakt dem anderen“, berichtet der Kunsthistoriker. „Das beweist, dass die Beschriftungen mittels beweglicher Lettern in die Model gepresst wurden.“ Manchmal sind die Ränder der Buchstaben etwas unscharf – dann hat der Bilderbäcker die Lettern beim Eindrücken in den feuchten Ton verwackelt.
Alles nur geklaut?
Gutenberg soll um das Jahr 1450 mit dem Druck von Blättern und Büchern begonnen haben. Die Tonfragmente mit den Buchstaben wurden jedoch Jahre vorher hergestellt. „Damit verdichten sich die Indizien, dass Gutenberg nicht – wie allgemein angenommen – den Gebrauch der beweglichen Lettern erfand“, sagt der Kunsthistoriker der Universität Bonn. „Eher könnte Gutenberg die neue Technik von den Bilderbäckern übernommen und auf den Buchdruck übertragen haben.“ Mit den beweglichen Lettern wurde eine kulturelle Revolution eingeleitet. „Erst sie erlaubten die massenhafte Verbreitung von Schriften“, sagt Dr. Grimm.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
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